Wir können unendlich viele Menschen lieben. Der positiven emotionalen Hinwendung eines Menschen zu einem anderen sowie die Akzeptanz und das Leben dieser Hinwendung sind zunächst keine Grenzen gesetzt. Liebe kann sich so vielfältigen Ausdruck verschaffen. Das Lächeln, welches wir einem Kellner schenken, die freundliche Begrüßung, die wir einer Verkäuferin zukommen lassen. Wir können Liebe empfinden beim Streicheln eines Hundes oder beim Fahren eines Autos und diese zum Ausdruck bringen. Wir lieben beide Elternteile, wir können mehrere Kinder lieben. Wir können also mehrere Männer und mehrere Frauen lieben und mit ihnen diese Liebe leben.
Die Gesellschaft, die Geschichte, die Kultur, die Gewohnheit, unsere Ansprüche, unsere Träume, unsere Wünsche allerdings können diesen positiven Gefühlen vielfältige Grenzen setzen. In den meisten Gesellschaften ist es mittlerweile üblich, nur noch eine Frau oder einen Mann zur gleichen Zeit als Geschlechts- oder Ehepartner zu lieben. Der Fachbegriff dafür lautet Monogamie und geht einher mit dem Monotheismus, dem Festlegen nur eines Gottes, und dem Patriarchat, der männlichen Herrschaft. Die Frau soll einen oder mehrere Erbfolgen gebären und es muss sichergestellt werden, dass es sich um das Blut des Vaters handelt, welches in den Adern des künftigen Kindes fließt. Mein Land, meine Frau, mein Kind – mein Besitz.
Im Laufe der Jahrhunderte hat sich die Frau die Gleichberechtigung zunehmend erkämpft, wozu die Gegenseitigkeit des Treueversprechens gehört. Liebt nun ein Mann, eine Frau eine weitere Frau, einen weiteren Mann, geht das gegen die Gewohnheiten und Gepflogenheiten. Kommt es zu einem solchen Konflikt, dann kommt es bei der Festlegung der Zukunft für beide ganz entscheidend auf die Zukunftsvisionen und Bedürfnisse aller Betroffenen an. Geht es für die Person, die Ehebruch begeht, nur um das Spüren und Erleben dieser Liebe, so kann es durchaus eine Lösung, ja Erlösung sein, diesen Gefühlen nachzugehen, mit oder ohne Wissen des Lebenspartners. Diese/n darüber zu informieren bedeutet immer, ihn oder sie in Verlustangst und Minderwertigkeitsgefühle zu drängen, dies ist unvermeidlich.
Möchte man in seinem Leben glücklich sein, und zwar auf Dauer, sind deshalb Liebschaften mit Dritten nicht zu empfehlen. Sie können eine Partnerschaft für lange Zeit, wenn nicht für immer, stören bzw. zerstören. Doch viele Menschen geraten in eine Situation wie die angesprochene ungeplant und überraschend. Somit sind sie nicht immer stark und überzeugt genug, der Verlockung zu widerstehen, ihren Gefühlen nachzugehen. Die Erschütterung der Beziehung ist dann ungewollt. Diese Menschen müssen dann einfach »nur« die Konsequenzen ihres Handelns tragen.
Es gehört ein fast unerschütterliches Selbstvertrauen, ein genauso starkes Vertrauen in den/die Partner und eine starke Souveränität, gesellschaftliche Normen betreffend, dazu, das Lieben mehr als eines Geschlechtspartners auf Dauer bzw. über einen längeren Zeitraum hinweg für alle Betroffenen möglich zu machen. Fast immer aber sind solche Beziehungen, die Tiefe betreffend, begrenzt. Es ist also abzuwägen, wie groß das eigene Bedürfnis ist, in die Tiefe zu gehen. Sollte es groß sein, so ist die Umsetzung dieses Verlangens entweder durch Trennung von einem Partner oder durch ein Zusammenleben aller Betroffenen erreichbar – und unsere Reaktion auf diese Vorstellungen zeigt im konkreten Fall, wie nahe wir ihrer Verwirklichung sind.
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