Während in unserer Kultur Frauen darauf vorbereitet werden, Ehefrauen und Mütter zu sein, ist die Rolle des Mannes die eines Erwerbenden und Gewinners. Sogar wenn eine Mutter ihr Kind nicht nach den herrschenden Prinzipien dieser geistigen, emotionalen, spirituellen und realen Welt erziehen möchte, wird es durch diese beeinflusst. Wir haben die Existenz dieser dominanten Kultur einer männchen und weiblichen Welt zu akzeptieren, und um ihr nicht unterworfen zu sein, müssen wir sie vollständig verstehen.
Die Rolle als Ehefrau und Mutter orientiert die Frauen mehr hin zu Menschen, weniger zu Dingen. Die Aufmerksamkeit der Frau gilt dem Individuum, seinen/ihren Bedürfnissen und Ansprüchen. Dadurch, dass sie diese Aufgabe und Rolle übernimmt, kann ihr Mann oder männlicher Partner sich auf die Materie, die Dinge konzentrieren, auf Macht, zu herrschen und zu beschützen, zu erwerben und zu gewinnen. Wenn Männer bzw. Frauen sich dazu entscheiden, beide Rollen – die männlich wie die weibliche – leben zu wollen, werden sie Konflikte zwischen der personenorientierten, einfühlsamen Seite und der sachorientierten, dominanten Seite ihrer Persönlichkeit erfahren. Wenn sie demgegenüber die gegebene Geschlechterrolle akzeptieren, werden sie ebenfalls Konflikte erleben, sogar wenn sie diese Rolle voll akzeptieren, weil sie dann von dem anderen Geschlecht abhängig werden. Welchen Weg Mann/Frau also auch wählt, es werden Konflikte entstehen.
Um unser Leiden aufgrund solcher Konflikte gering zu halten, sollten wir uns auf das konzentrieren, was wir uns wünschen und brauchen, und zwar mehr als darauf, welche Hindernisse dem im Wege stehen. Je mehr wir uns auf unsere Bedürfnisse und Wünsche konzentrieren und darauf, wie wir diese realistischerweise in unserem Leben erfüllen können, umso mehr Chancen haben wir, gesund und glücklich zu werden, weil es unsere Chance, die selbst gesetzten Ziele zu erreichen, erhöht. Es kann hilfreich sein, zu kritisieren, was wir nicht mögen – aber nur in Hinsicht darauf, was wir mögen. Wenn wir uns darauf konzentrieren, was wir nicht mögen, werden wir unglücklich, wenn wir uns auf die Dinge konzentrieren, die wir mögen, macht uns dies glücklich. So betrachtet ist das eigene Glück hauptsächlich eine Frage der eigenen Einstellung bzw. Wahl.
Warum konzentrieren wir uns denn so oft auf die negativen Aspekte im Leben, anstatt selbst der/die Handelnde zu sein? Dies ist eine Folge der persönlichen Erfahrung, fremden äußeren Mächten ausgeliefert zu sein, Folge unserer Erziehung und persönlichen Erfahrung. Eine andere Konsequenz des Entschlusses, glücklich sein zu wollen, ist es also, unser eigenes Leben als ein Produkt unserer eigenen Entscheidung anzusehen und nicht als Produkt fremder Kräfte und Mächte. Ein realistisches Weltbild ist folglich sehr wichtig für persönliches Glück und für Gesundheit. Wir müssen unsere eigenen Kräfte und Grenzen vollständig kennen.
Ein anderer Grund für insbesondere weibliches Leid ist die Erfahrung, dass das gemeinsame Leben mit einem geliebten Menschen eine Art von Abhängigkeit und gegenseitiger Abhängigkeit ist – unser eigenes Glück ist vom Handeln des anderen abhängig. Es ist selbstverständlich, dass Menschen sich aufeinander beziehen, um ihre Interessen auszugleichen und ihre beiden Willen zu koordinieren. Im Zusammenleben mit anderen Menschen können wir uns mehr oder weniger auf den anderen Menschen beziehen. Je mehr wir es tun, desto mehr fühlt der/die andere sich genötigt, sich wiederum auf uns zu beziehen und muß deshalb ihren/seinen eigenen Willensprozess unterbrechen. Manche Menschen können das akzeptieren, andere nicht. Wir haben nicht das Recht, von anderen zu verlangen, dass sie es müssten, sich auf uns zu beziehen. Wenn wir also mit Menschen zusammentreffen, die lieber nach ihrem eigenen Konzept leben wollen, ohne sich auf andere besonders oft beziehen zu müssen, so ist es eine zu akzeptierende Form des gemeinsamen Zusammenlebens.
Natürlich ist es so, dass mit zunehmender Koordinierung von zwei Willen die Chance, glücklich zusammen zu leben, steigt. Eine Person, die ihren Willen nicht gerne so oft mit anderen abstimmt, ist wahrscheinlich mehr am eigenen Glück interessiert als am gemeinsamen Glück. Da es wahrscheinlich nicht möglich ist, diese Person zu ändern, ist die Akzeptanz der anderen Person in ihrem Handeln Grundlage für das eigene persönliche Glück.
Verfasst von Marion Schneider